Donnerstag, 17. September 2009

Wie lässt sich rheumatische Gelenkzerstörung stoppen?

Wissenschaftler der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) haben jüngst aufgeklärt, was bei Gelenkerkrankungen wie Arthrose den Abbau von Knorpel verursacht. Ein körpereigener Stoff auf der Oberfläche der Knorpelzellen steuert den zerstörerischen Vorgang. Wird er blockiert, kann dies die Gelenkzerstörung stoppen.
In der westlichen Welt leiden mehr als 40 Prozent der über 60-Jährigen unter Arthrose der großen Gelenke. Hinzu kommen Menschen mit entzündlichen Gelenkerkrankungen wie rheumatoider Arthritis (RA) – in Deutschland gibt es eine halbe Million RA-Patienten. Diese Krankheiten zerstören den Gelenkknorpel. Anders als Knochen lässt sich dieser beim Erwachsenen kaum ersetzen. „Bei vielen rheumatischen Erkrankungen bestimmt die fortschreitende Zerstörung des Gelenkknorpels die Krankheitsfolgen maßgeblich“ erläutert Professor Dr. med. Thomas Pap vom Arbeitsbereich Osteoarthrosen des Kompetenznetzes Rheuma, der Forschungsplattform der DGRh. Entscheidend sei deshalb, so der Direktor des Instituts für Experimentelle Muskuloskelettale Medizin an der Universität Münster, die krankhaften Prozesse zu verstehen und so früh wie möglich einzugreifen.
Gesunder Knorpel ist elastisch. Diese Eigenschaft verdankt er unter anderem einem Eiweiß, genannt Aggrecan. Aggrecan bildet im Knorpel fadenartige Strukturen. Bei Arthrose bricht dieses Gerüst zusammen. Diesen Vorgang fördert ein Enzym, genannt „ADAMTS-5“, indem es Aggrecan spaltet. Die unkontrollierte Produktion von ADAMTS-5 ist kennzeichnend für frühe Stadien der Arthrose. Wie kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Medicine veröffentlicht, hatten Forscher um Professor Pap aus Münster gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Hannover, Hamburg und Seoul herausgefunden, wie ein Molekül auf der Oberfläche der Knorpelzellen diese Vorgänge maßgeblich steuert. Die Wissenschaftler untersuchten dafür arthrotische Gelenke von Mäusen, Ratten und Menschen. Es gelang ihnen außerdem, den Knorpelabbau aktiv zu stoppen. Dies liefert einen gänzlich neuen therapeutischen Ansatz für Patienten.
Moderne Therapien richten sich heute vor allem gegen die bekannten Botenstoffe Tumornekrosefaktor alpha und Interleukin-1, so Pap. Damit gelingt es zwar in einigen Fällen, den Knorpel zu schützen. „Allerdings hilft dies bei vielen Patienten nicht und führt dazu, dass die Knorpelzerstörung voranschreitet“, so Pap. Die Ergebnisse lassen deshalb auf vielversprechende neue Formen der Behandlung hoffen.
Darüber hinaus widerlegt die Studie die verbreitete Annahme, Arthrose sei ausschließlich eine Frage des Alters, erläutert Pap. Denn der Krankheit liege auch eine eindeutig aktive Komponente zugrunde. Vor einer klinischen Anwendung am Menschen stehen zwar noch umfassende Untersuchungen, so Pap: „Doch es handelt sich hierbei um einen völlig neuen Ansatz, die Gelenkzerstörung an den Knorpelzellen selbst zu stoppen.“

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