Freitag, 18. Dezember 2009

Winterdepression: Sonne aus der Steckdose gegen den „Winterschlaf im Kopf“

Mehr als 10 Millionen Deutsche werden in der trüben, dunklen und kalten Jahreszeit wieder depressiv. Forscher wie der Schlafmediziner Professor Dr. Jürgen Zulley aus Regensburg heilen Betroffene mit „Sonne aus der Steckdose".

Der Winter macht die Deutschen depressiv – jeder Vierte leidet in den dunklen, trüben Wintermonaten unter teilweise erheblichen psychischen und somatischen Beschwerden: Entdeckt wurde das Phänomen der Winterdepression mit Niedergeschlagenheit, gedrückter Stimmung, Angstzuständen und Heißhunger auf Süßigkeiten vor 25 Jahren in den USA. Anders als klassische Depressionen sind die „Saisonal Abhängigen Depressivformen“ heilbar: mit Sonne, notfalls aus der Steckdose. Einer von Deutschlands renommiertesten Forschern auf diesem Gebiet ist Professor Dr. Jürgen Zulley, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums am Bezirksklinikum Regensburg.

Kürzere Tage und die geringe Lichtintensität im Winterhalbjahr lassen sogar Bären und Murmeltiere in den Winterschlaf versinken. „Auch Menschen schlafen im Winter länger“, erklärt Prof. Zulley. „Viele Körperfunktionen arbeiten in dieser Zeit im Schongang.“ Bei vielen Menschen führt das zu depressiver Stimmung. Nach Schätzungen von Experten sind mehr als 10 Millionen Deutsche von diesem Stimmungstief betroffen.

Der Unterschied zwischen Sommer- und Winterlicht ist weit gravierender als der Mensch das wahrnimmt: Lampen mit 500 Lux Lichtstärke empfinden wir als hell, das vegetative System springt dagegen erst bei Lichtstärken von rund 2.500 Lux an. „Bei Lichtmangel schüttet der Körper mehr Melatonin aus“, erklärt Prof. Zulley. „Die Folge: Man ist den ganzen Tag müde, denn das Hormon soll die Stimmung drücken, damit der Mensch zur Ruhe kommt.“

Das Schlafmedizinische Zentrum in Regensburg gilt heute als eines der Zentren bei der Erforschung von Winterdepressionen. Professor Zulley, Inhaber des Lehrstuhls für Biologische Psychologie an der Universität Regensburg und Präsident der Deutschen Akademie für Gesundheit und Schlaf (DAGS) ist seit mehr als 30 Jahren auf dem Gebiet der Chronobiologie, der Erforschung der inneren Uhr des Menschen, tätig. Zulley: „Das Zauberwort gegen Winterdepression heißt Sonne. Sie bringt Licht in die Seele.“ Denn Sonnenlicht, das über die Augen auf die Zirbeldrüse wirkt, unterdrückt die Melatonin-Produktion. Diesen Effekt bewirkt aber auch sonnenlichtähnliches Kunstlicht. Dank der Forschungsarbeit aus Regensburg ist diese Kunstlichttherapie heute weltweit Standard geworden.

Betroffene der „Saisonal Abhängigen Depressivformen“ (SAD) werden ihm Rahmen der Lichttherapie täglich 40 Minuten vor einer Lampenbatterie mit 10.000 Lux Helligkeit behandelt. Zum Vergleich: Ein Büroraum weist eine durchschnittliche Helligkeit von 500 Lux auf, 1.500 bis 2.500 Lux beträgt die Helligkeit an einem bewölkten Winter- oder Frühlingstag. Und ein strahlender Sonnentag kann die Lichtstärke bis zu 100.000 oder 120.000 Lux aufweisen. Heute zahlen fast alle Krankenkassen bei schweren Symptomen die Therapie mit den Speziallampen gegen den „Winterschlaf im Kopf“.

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